Stand: 24.02.2015 18:30 Uhr

Anschlagsplan auf Schoduvel "nicht überraschend"

von Djamila Benkhelouf

Braunschweig, Fußgängerzone: Die Stadt ist immer noch geschockt von der Absage des Karnevalsumzugs. Denn die potenzielle Gefahrenmeldung soll aus der salafistisch-radikalen Szene gekommen sein. In der Fußgängerzone von Braunschweig steht nun ein Infostand, der mutmaßlich eben genau aus dieser Szene stammt. Doch die jungen Männer vom Stand distanzieren sich. "Es ist wichtig, dass wir hier stehen, Sie wissen ja selber, was vor einer Woche war, wir waren genauso überrascht. Wir sind seit vielen Jahren hier in Braunschweig, es ist sehr friedlich hier, es gibt keine Gewalttäter, zumindest nicht dass es uns bekannt wäre", sagt der junge Mann, der hinter dem Stand steht. Einigen Passanten ist der Stand ein Dorn im Auge. Sie rufen Sätze wie: "Dass Ihr Euch noch her traut! Eine Frechheit ist das!"

VIDEO: Anschlagsplan auf Schoduvel "nicht überraschend" (7 Min)

DMG lädt radikale Prediger ein

Ahmad Abul Baraa
Immer wieder lädt der DMG als radikal geltende Prediger wie Ahmad Abul Baraa (Bild) oder auch den Scharia-Anhänger Pierre Vogel ein.

Der Verein, der Infostände wie diesen in der Braunschweiger Innenstadt organisiert, ist die Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft, kurz DMG. Ein Verein, der auch im Verfassungsschutzbericht erwähnt wird, weil er unter anderem auch radikale Prediger in seine Moschee einlädt. Ob der als radikal geltende Ahmad Abul Baraa oder Scharia-Anhänger Pierre Vogel - bei der DMG sind sie gern gesehene Gäste. Auf die Nachfrage am Infostand, warum solche Prediger eingeladen werden, kommt die Antwort des Muslimen ausweichend. "Verstehen Sie, diesen Stempel des Salafismus oder Salafisten, den haben wir uns ja nicht selber gegeben. Heute werden Menschen abgestempelt mit einem Titel, der letztendlich aus unsrer Sicht ein Geheimdienstkonstrukt ist."

Ciftci reiste mit Teilen der "Sauerland-Gruppe" nach Mekka

Muhamed Ciftci
Muhamed Ciftci unterhält Verbindungen zu Pierre Vogel, gründete zusammen mit ihm den Verein "Einladung zum Paradies".

Und ein weiterer Name taucht immer wieder auf: Muhamed Ciftci, Prediger aus Braunschweig. Seine Islamschule wurde ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachtet und musste 2012 schließen. Ciftci unterhält auch Verbindungen zu Pierre Vogel, gründete zusammen mit ihm den Verein "Einladung zum Paradies" - auch dieser wurde inzwischen aufgelöst.

Ciftci hatte zum Beispiel zu den Mitgliedern der sogenannten Sauerland-Gruppe Kontakt, die 2007 einen Sprengstoffanschlag geplant hatten. Kurz zuvor war Ciftci mit einigen Mitgliedern der Terror-Zelle nach Mekka gefahren. Bereits 2011 teilte Ciftci Panorama 3 dazu in einem Interview mit: "So lange die mit mir oder meinem Verein zusammen waren, waren sie gar nicht gewalttätig. Und sie fanden auch diese Art des Islams vernünftig und richtig. Aber durch das Internet und Youtube und in anderen Foren, die halt vom Ausland organisiert werden, wurden diese Jugendlichen ausgenutzt."

Anschlagsplan auf Karnevalszug "nicht überraschend"

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Djamila Benkhelouf, Panorama 3.

Djamila Benkhelouf

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Die salafistische Szene in Braunschweig gilt in Sicherheitskreisen als Brennpunkt in Deutschland. Der angebliche Anschlagsplan auf den Karnevalszug in Braunschweig kommt für Szene-Kenner deshalb nicht überraschend. Auch wenn die Hintergründe noch völlig unklar sind. Björn Thümler, Fraktionsvorsitzender der CDU im Niedersächsischen Landtag, wird konkreter: "Wir gehen davon aus, dass das salafistische Umfeld in Braunschweig-Wolfsburg diesen Anschlag geplant haben könnte. Ich formuliere das bewusst im Konjunktiv, weil die Ermittlungen natürlich noch laufen, und wir den Ergebnissen nicht vorgreifen können und wollen."

Muhamed Ciftci weist sämtliche Verbindungen oder gar Anschuldigungen zurück. In einem Video-Statement auf Facebook sagt er, er würde seiner Stadt Braunschweig niemals Schaden zufügen oder dies zulassen.

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 24.02.2015 | 21:15 Uhr

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